Dienstag, 27. März 2012

Bücher: Walter Moers- Die Stadt der Träumenden Bücher

Walter Moers- Die Stadt der Träumenden Bücher

(SPOILER)

Wer "Drei 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär" gelesen hat, dem wird der Name der Hauptperson in "Die Stadt der Träumenden Bücher" bekannt vorkommen. Hildegunst von Mythenmetz, ein Lindwurm und zukünftiger großer Dichter, dessen Lyrik auch noch im Lernstoff des kleinen Blaubären vorkommt -zu dessen Ärgernis-, erhält ein geheimnisvolles Manuskript von seinem sterbenden Dichtpaten Danzelot von Silbendrechsler. In jenem Manuskript lässt sich eine so vollkommene gewaltige Schreibkunst erkennen, dass es sich der junge Lindwurm zur Aufgabe macht, die Lindwurmfeste zu verlassen und nach Buchhaim, der Stadt der Träumenden Bücher, zu gelangen, um den Autor dieses kleinen Stücks unglaublicher Literatur ausfindig zu machen.
Dort angekommen trifft er gleich auf den Mächtigsten unter den Buchhaimern, der ihn aus einem undurchsichtigen Grund mitsamt dem Manuskript in die Unterwelt, die berühmten Katakomben von Buchhaim, verbannt. Dort muss sich Hildegunst seinen Weg durch ein Labyrinth voller Gefährlicher Bücher, Fallen, unterirdischer Monster und Bücherjäger schlagen. Er passiert riesige, blutrünstige Lebewesen, kleine, ihm wohlgesonnene Zyklopen, die ihm zu einer Begegnung mit dem Bücherjäger Colophonius Regenschein verhelfen, gigantische unterirdische Friedhöfe und rostige Transportgleise, die den Leser unweigerlich an gefährliche, schimmernde Achterbahnen erinnern werden, bis er schließlich nach Schloss Schattenhall kommt und dort den größten Schrecken Buchhaims antrifft- den Schattenkönig.
Und Hildegunst muss erkennen, dass die Wahrheit über Buchhaim nur einen Wimpernschlag entfernt war und Regenschein recht hatte mit der Letzten seiner Vermutungen: der Schattenkönig ist gar nicht so böse, wie alle es ihm nachsagen. Und Hildegunst tut sich mit dem gefürchtetsten aller Lebewesen zusammen, um sich an dem zu rächen, der sie beide in den Untergrund verbannt hat- und dies ist erst der Anfang einer unglaublichen Geschichte... und das Ende des Buches. 
Das Buch ist sehr viel düsterer und ernster als "Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär", es ist blutiger (würde man es realistisch verfilmen, so wäre der Film wohl ab 18) und entbehrt dennoch nicht der unglaublichen Fantasie und der charakteristischen Wendung zum Erstaunlichen, welche die Walter-Moers-Bücher so sehr auszeichnen. 
"Die Stadt der Träumenden Bücher" ist ein wunderbares, spannendes und fesselndes Werk, mit viel Humor, aber auch großem Können erzählt. Es bringt einen zum Schmunzeln und Seufzen, es packt den Leser und entführt ihn auf eine abenteuerliche Reise in einer der seltsamsten Gegenden Zamoniens: in die Katakomben, wo Bücher zum Leben erwachen können. Hier können Testamente auf Wimpern eingraviert sein, Meerestiere die Abwesenheit von Wasser vergessen und in der Luft schweben wie seltsame Vögel, hier können Bücher töten und Schatten weinen.
Dies ist ein Buch über Bücher, über Dichter und über die hohe Kunst des Schreibens. Mit viel Fantasie und Originalität erzählt Walter Moers die erste Etappe auf Hildegunsts Reise zum allbekannten Schriftsteller, und nicht selten rührt und bewegt einen das vieldimensionale, liebevoll und sehr bewusst geschriebene Buch. Man könnte beinahe meinen, Moers wäre "vom Orm durchströmt gewesen", als er "Die Stadt der Träumenden Bücher" schrieb- vor allem Literaturliebhaber werden diesen Roman verschlingen und lieben. 
Humor, Mitgefühl, dichterisches Können, Fantasie und Spannung- dies alles vereint sich in diesem wunderbaren Roman, der seine 9, 5 von 10 Punkten wahrhaft verdient.

"Der Schattenkönig aber empfing das Licht der Mittagssonne hocherhobenen Hauptes und mit ausgebreiteten Armen."

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